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Literatur

Carior est ipsa mentula
Carior est ipsa mentula

Pascal Quignard

Der »fascinus«

Carior est ipsa mentula (Mein Penis ist wertvoller als mein Leben). Es gab sechs Vestalinnen, die unter der Aufsicht der ältesten standen, der Virgo maxima. Sie bewachten den unenthüll­baren Glücksbringer und unterhielten die Herdflamme. Wenn eine das Keuschheitsgelübde brach, wurde sie auf dem Frevelfeld (Campus sceleratus) nahe der Porta Collina lebendig begraben, dort, wo die Wölfinnen (die Prostituierten in der vorgeschriebenen braunen Toga, die später die Büßermönche übernahmen) am 23. April der Venus Erycina huldigten und sich vor dem Volk vollständig...
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Es gibt kein absolutes Besonderes.

Rolf Bossart, Milo Rau

Es gibt kein absolutes Besonderes.

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Dietmar Dath

Im Schlaf sieht Patrick, was er wach nicht glaubt.

Im Schlaf sieht Patrick, was er wach nicht glaubt:

Das Verzeichnis rechnet alles an. Ankündigungen von Belohnung, meist unwahr, leuchten auf und sterben. Der dopaminergische Haushalt ernährt die Liste. Limbische Strukturen tragen sie. Hirn heißt Haus, hat angeblich Fenster.

Es sind aber Langzeitbilder der Vergangenheit.

 

Sechs Minuten nach vier Uhr früh wacht Patrick von einem Störgeräusch auf.

Er liegt im kleinen Zimmer. Renate schläft im großen.

»Vielleicht hab’ ich nachts ’ne Idee«, hat er ihr

seinen Umzug auf die Couch erklärt, »die muss ich denen dann schicken. Wir reichen das Ding übermorgen ein.« Er fürchtet sich davor, im Schlaf zu sagen, was er von Kerstin weiß, wenn er neben Renate liegt. Im Dunkeln spürt er, dass der Raum ihn anbrummt. Das Hirn gibt dem Brummen Antwort, singt Zucker und Proteine, spricht perineurales Geflecht, das Herausbildung und Funktion der Synapsen kontrolliert, die alle zwischenzelluläre Kommunikation der Neuronen steuern.

Patrick fröstelt von den Füßen her.

Er möchte bei Renate bleiben,...

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Ein Roadtrip ohne Road

Mário Gomes

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Mike Wilson

Rockabilly

Rockabilly fing an zu graben, spät in einer Frühlingsnacht, mit einer rostigen Schaufel, im Hintergarten seines Hauses. Alles hatte einige Stunden vorher begonnen, es dämmerte, die Fenster in der Nachbarschaft erhellten sich nach und nach und das Rot am Horizont zerfloss. In einigen Häusern flackerten Fernseher, in anderen versammelten sich die Familien um den Abendtisch. Rockabilly hatte weder Familie noch Fernseher, er kniete im Wohnzimmer im Schein einer schwachen Glühbirne auf einem Haufen alter Zeitungen, seine ölverschmierten Finger nahmen ein...
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Angelika Meier

Dreifaltigkeit meiner Zwirnspulenexistenz

In perfekt sitzender Uniform, die Hakenkreuzbinde frisch aufgebügelt, stehe ich in einer langen Schlange in einer amerikanischen Behörde, um einen Antrag auf einen total war zu stellen, doch nach stundenlangem Schlangestehen teilt mir der freundliche Sachbearbeiter mit, dass das application form for foreign aggressions im Saal nebenan zu erbitten sei. Da ich ein depressiver Faschist bin, lasse ich trotz meiner feschen braunen Uniform den Kopf immer recht schnell hängen und beschließe daher, für heute Schluss und lieber erst morgen den nächsten Versuch zu machen. Am nächsten Morgen stehe ich so auch tatsächlich wacker in der richtigen Schlange, habe dann aber nicht alle Papiere zusammen, um ordnungsgemäß einen total war zu beantragen. Neben der Geburtsurkunde (Original, keine Kopie!) fehlen mir zwei weitere Empfehlungsschreiben amerikanischer Staatsbürger. Man braucht fünf. Aber – ich dachte, drei… Nein, fünf insgesamt! Lächelnd hebt die Sachbearbeiterin ihre rechte Hand, die Finger anschaulich gespreizt. Wo ich doch aber schon...

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Diane Williams

Wie wär’s mit einem Stück Schnur?

Ich sagte, »Willst du ein Seil? Deine Ladung ist doch nicht richtig gesichert.«
»Nein«, sagte er, »aber du hast Schnur, oder?«
»Wenn das anfängt zu rutschen…«, sagte ich, »du solltest ein Seil nehmen.«
»War da Giftefeu dran?«, wollte er wissen und ich sagte ihm, mein Seil hätte jahrelang friedlich im Schuppen gelegen.
Er nahm sich ein Stück mit zum Nachttisch. Er machte sich keinen Begriff davon, was Holz aushalten konnte.
»Das Teil muss kaputtgegangen sein, als ich’s am Laster festgezurrt habe«, sagte er.
Und als er dann die Nähmaschine verschob, ließ er die gusseisernen Räder – rums bums auf der Treppe.
Ich war mittlerweile dabei, die Flamingo-Keksdose einzupacken, das Besteck und die Koch­töpfe, hielt aber kurz inne, denn wie oft geschieht es schon, dass man plötzlich etwas tief Empfundenes sieht?
Ich sah unsere Milchkühe in ihrem gemächlichem Defilee auf der Weide und dann das Kalb, wie es die Linie von...

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