In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beginnt der Begriff Regieeinfall die Auseinandersetzung um die individuelle, originelle und schöpferische, mithin künstlerische Leistung von Regisseuren im Theater zu dominieren. Das Wort vermag den komplexen dialogischen Produktionszusammenhang des Theaters zu binden und zugleich dessen kollektive Dimension rhetorisch zu kaschieren. Der Beitrag zeichnet die Diskursgeschichte des Begriffs Regieeinfall nach und zeigt exemplarisch, wie Inventionen durch historische Strukturen und Konventionen bedingt und durch spezifische Diskursformationen überhaupt erst wahrnehmbar, benennbar und letztlich denkbar werden.
Wenn eine Kultur etwas als Erfindung akzeptiert, dann hat dieses Etwas bereits den Status einer Tatsache erhalten, die vorhanden ist und auf ihren Nutzen oder auf ihre Funktion hin befragt werden kann. Was aber geschieht davor? Wie gewinnt das Erfundene Wirklichkeit? Wie in der Kunst, wie im Theater, wie in der Literatur und Musik, wie in der Wissenschaft? Und mit welchen Folgen? Die Beiträge in diesem Band beschäftigen sich alle mit einem Moment oder einem bestimmten Modell der Invention. Ausgehend von den jeweils involvierten Medien wird der Versuch unternommen, diese Momente und Modelle zu rekonstruieren. Um etwas über die entsprechenden Inventionen in Erfahrung bringen zu können, werden diese als Ergebnisse oder Effekte von Improvisationsprozessen begriffen: Improvisationen in dem Sinne, dass von einem grundsätzlich offenen Zukunftsspielraum ausgegangen wird, gleichzeitig aber auch davon, dass es ein Umgebungs- und Verfahrenswissen gibt, das im Einzelfall beschrieben werden kann.