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Peter Risthaus, Manfred Schneider: Beispielstreit
Beispielstreit
(S. 281 – 316)

Peter Risthaus, Manfred Schneider

Beispielstreit
Exemplarische Auseinandersetzungen in der Philosophie von Descartes bis Derrida

PDF, 36 Seiten

Beispiele können philosophische Denksysteme trennen. Dort, wo es um etwas geht, wird um Beispiele und ihren grundsätzlichen Status gestritten: Antoine Arnaulds und Pierre Nicoles fechten mit ihnen in La logique, ou l’art de penser den Fundamentalstreit zwischen Katholiken und Protestanten um das Dogma der Realpräsenz in der Eucharistie aus. Dann aber müssen sie in der Neuauflage ihres Buches neue Beispiele finden und erfinden, weil ihre Leser den Beispielgebrauch scharf kritisiert hatten. An einer Passage aus Descartesʼ Meditationes trennen sich die Wege von Michel Foucault und Jacques Derrida und damit von Dekonstruktion und historischer Diskursanalyse. In Frage steht dabei, ob das Beispiel, das Descartes für die unbezweifelbare Gewissheit angibt, den Wahnsinn aus der Vernunft ausschließt. Handelt es sich um ein einschneidendes historisches Ereignis oder nur um ein Beispiel, das lediglich die Variante von Vorgängern und damit kein Ereignis ist? Diese grundsätzliche Frage wird durch einen weiteren Beispiel-Streit ergänzt, der zwischen Derrida und Searle um den Status von parasitären Sprechakten geführt wird, die in der analytischen Tradition ausgeschlossen werden, um die Ereignishaftigkeit und das Gelingen performativer Sprechakte und damit die Vernunft selbst zu garantieren. Den Auftakt des Beitrages aber bildet Derridas Streit mit Kant um die Frage, ob das Beispiel nur ein Surplus der Vernunft sei oder ob es den Anspruch stellen kann, ein theoretischer Grundbegriff zu sein. Derrida entwickelt aus diesem Streit eine ganze Beispieltheorie, die dem Beispiel Gerechtigkeit widerfahren lässt.

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Peter Risthaus

Peter Risthaus

ist akademischer Rat auf Zeit am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. 2005 promovierte er mit einer Arbeit zur Onto-Topologie. Zur Entäußerung des unverfügbaren Ortes von Heidegger zu Derrida und jenseits. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind: Geschichte und Theorie des Unterschreibens, Ideen der Absenz, Off-Stimmen in Literatur und Film. Zudem ist er Mitbetreiber des ›Archivs des Beispiels‹.
 

Weitere Texte von Peter Risthaus bei DIAPHANES
Manfred Schneider

Manfred Schneider

ist Professor für Ästhetik und literarische Medien (Neugermanistik II) an der Ruhr-Universität Bochum. Seine Forschungsschwerpunkte sind u.a. die Ästhetik, die Diskurstheorie, die Geschichte der Befragungen sowie die Kulturkritik. Neben seinem Wirken in Forschung und Lehre äußert er sich auch als Kritiker und Essayist im Hörfunk sowie in den Feuilletons verschiedener Tageszeitungen, so z.B. in der Frankfurter Rundschau und der Neuen Zürcher Zeitung.
 

Weitere Texte von Manfred Schneider bei DIAPHANES
Christian Lück (Hg.), Michael Niehaus (Hg.), ...: Archiv des Beispiels

Beispiele zu geben ist eine fundamentale und unverzichtbare Praxis wissenschaftlicher Diskurse. Höchst unklar aber ist ihr theoretischer Status: In Hinblick auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten, Begriffe und Sachverhalte scheint das Beispiel sekundär und austauschbar zu sein. Andererseits kann ein ›schlagendes‹ Beispiel ganze Argumentationen zu Fall bringen. Es ist Moment einer Praxis, die ihrerseits zu vertraut und zu verstreut ist, um selbst auf den Begriff gebracht werden zu können. Wissenschaft und Philosophie sind weitgehend blind für ihren Beispielgebrauch geblieben. Erst in jüngster Zeit wird dem zeitgenössischen Denken deutlich, dass mit dem Beispiel etwas auf dem Spiel steht. Im Anschluss an diese Erkenntnis fragen hier Forscher unterschiedlicher Disziplinen, jeweils von einem Beispiel ausgehend, ob und wie eine Diskursanalyse und damit eine Wissenschaft des Beispiels möglich ist. Es handelt sich um Vorarbeiten und Überlegungen zur Datenbank ›Archiv des Beispiels‹, die der systematischen Erfassung und Erforschung aller Beispiele dient.

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