Nutzerkonto

Eva Geulen: Beispiellos: Adorno
Beispiellos: Adorno
(S. 241 – 251)

Eva Geulen

Beispiellos: Adorno

PDF, 11 Seiten

Grenzbegriff der Beispielforschung ist das Beispiellose. Wenn jedes Kunstwerk einen singulären Anspruch stellt und sich als Todfeind aller Verallgemeinerung aufstellt, dann muss sich eine Ästhetische Theorie, die ihren Namen noch verdient, bestimmte oder vielleicht gar alle Beispiele versagen. In der Einführung von bestimmten Eigennamen und Werken als Beispiele kommen weniger Adornos Kanonisierungsbemühungen in den Blick, sondern vielmehr die Eigenlogik des Ästhetischen selbst, die als Verknappung und Selektion, d.h. Fort- und Auslassen beschrieben werden kann, quid pro quo. Wenn etwas zum Beispiel gemacht wird, muss man es zum Sprechen bringen, wie das ›stumme Nashorn‹, oder die ›Etruskischen Krüge in der Villa Giulia‹. Aber das kann nur durch eine verbürgte Sprachähnlichkeit geschehen, die rhetorischen Operationen wie Metapher oder Vergleich immer schon zuvorkommt. In diesem quid pro quo liegt eine mimetische Macht, aber auch eine Fiktionalisierung, die ästhetische Theorie im Zeitalter von Prototypen und Modellen jenseits normativer Poetiken qua Beispiel zu verwirklichen hätte.

  • Jacques Derrida
  • Germanistik
  • Archiv
  • Rhetorik
  • Michel Foucault
  • Beispieltheorie
  • Giorgio Agamben
  • Literaturwissenschaft
  • Diskursanalyse
  • Paradigma

Meine Sprache
Deutsch

Aktuell ausgewählte Inhalte
Deutsch

Eva Geulen

seit 2012 Professorin für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Aktuelle Forschungsschwerpunkte: Erziehungsdiskurse 1800 und 1900; Goethes Morphologie und ihre Rezeption im 20. Jahrhundert.

Weitere Texte von Eva Geulen bei DIAPHANES
Christian Lück (Hg.), Michael Niehaus (Hg.), ...: Archiv des Beispiels

Beispiele zu geben ist eine fundamentale und unverzichtbare Praxis wissenschaftlicher Diskurse. Höchst unklar aber ist ihr theoretischer Status: In Hinblick auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten, Begriffe und Sachverhalte scheint das Beispiel sekundär und austauschbar zu sein. Andererseits kann ein ›schlagendes‹ Beispiel ganze Argumentationen zu Fall bringen. Es ist Moment einer Praxis, die ihrerseits zu vertraut und zu verstreut ist, um selbst auf den Begriff gebracht werden zu können. Wissenschaft und Philosophie sind weitgehend blind für ihren Beispielgebrauch geblieben. Erst in jüngster Zeit wird dem zeitgenössischen Denken deutlich, dass mit dem Beispiel etwas auf dem Spiel steht. Im Anschluss an diese Erkenntnis fragen hier Forscher unterschiedlicher Disziplinen, jeweils von einem Beispiel ausgehend, ob und wie eine Diskursanalyse und damit eine Wissenschaft des Beispiels möglich ist. Es handelt sich um Vorarbeiten und Überlegungen zur Datenbank ›Archiv des Beispiels‹, die der systematischen Erfassung und Erforschung aller Beispiele dient.

Inhalt