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Stefan Rieger: Manifest
Manifest
(S. 133 – 152)

Stefan Rieger

Manifest
Zur Logik einer Erzählform

PDF, 20 Seiten

Das Manifest unterliegt nicht gängigen Kriterien textueller Rationalität und genau darin liegt seine epistemologische Funktion. Als Gattung einer zum Teil ungeschützten Programmatik ist sein Raum die Zukunft, in die es seine jeweiligen Forderungen projiziert. Sein Modus ist eine oft affektiv vorgetragene Unbescheidenheit, die auf eine dieser Gattung eigene Weise die Kategorien des Erzählens und des Wissens von einander entkoppelt. Das, was in Manifesten zutage tritt, unterliegt nicht in der gewohnten Weise Kriterien der Objektivierung, der Plausibilität, der Kohärenz und der Nachprüfbarkeit. In Absetzung zu wissenschaftlichen Rationalitäten und erzählerischen Konventionalitäten schafft sich das Manifest so seine eigenen Geltungsbedingungen.

  • Wissensgeschichte
  • Epistemologie
  • Wissen
  • Narrativ
  • Wissensbildung
  • Zirkulation
  • Erzählen

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Deutsch

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Stefan Rieger

ist seit 2007 Professor für Mediengeschichte und Kommunikationstheorie an der Ruhr-Universität Bochum. Er war Mitarbeiter im Sonderforschungsbereich »Literatur und Anthropologie« in Konstanz und Heisenbergstipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft, hat über Datenverarbeitung und Mnemotechnik im Barock promoviert und eine Habilitationsschrift zum Verhältnis von Medien und Anthropologie verfasst. Seine Arbeits- und Publikationsschwerpunkte sind Wissenschaftsgeschichte, Medientheorie und Kulturtechniken.

Weitere Texte von Stefan Rieger bei DIAPHANES
David Gugerli (Hg.), Michael Hagner (Hg.), ...: Nach Feierabend 2014

Wissen ist nicht nur ein Produkt von Repräsentation und Symbolisierung, sondern auch von erzählerischen Formen. Das gilt zumindest in den Kultur- und Geisteswissenschaften angesichts der beinahe ubiquitären Rede von ›Narrativen‹ als selbstverständlich, was jedoch bislang kaum dazu führte, die spezifischen epistemologischen Funktionen des Erzählens für das Wissen zu erhellen. Der Band stellt die Bedeutung des Erzählens für die Konstitution und die Zirkulation von Wissen zur Diskussion und schließt damit an die Entdeckung der Bedeutung des Erzählens in einzelnen Wissenschaften an, aber auch an eine allgemeine Theorie des Erzählens, die über eine engere literaturwissenschaftliche Funktionsbestimmung hinausgeht. Das Erzählen wird dabei als weitreichende Funktion von Wissensbildung und Wissensverbreitung verstanden. Komplementär dazu wird auch das literarische Erzählen selber auf seine epistemologische Funktion hin unter der Annahme untersucht, dass literarische Texte an der Konstitution und Zirkulation von Wissen teilhaben.