Das problematische Verhältnis zwischen dem Beispielgeben als einer diskursiven Praxis und der im weitesten Sinne genealogischen Angelegenheit, ein Beispiel zur Nachfolge zu sein, ist zugleich eine Angelegenheit der Literatur. Zwischen Väter und Söhne tritt das Beispielhafte als Kampfplatz um das Vorbild. Nicolas Pethes befasst sich mit der exemplarischen Poetik in Kleists »Brief eines Mahlers an seinen Sohn«. Charakteristisch für Kleist findet sich hier das Beispiel ganz an die Stelle einer systematischen Darlegung ästhetischer Konzepte gerückt und es geht – wie so oft – um Zeugung: Der Beischlaf – in einer heiteren Sommernacht ›ohne weitere Gedanken‹ ein Mädchen geküsst – wird, gegen die Weimarer Klassik gerichtet, zur Metapher für das Hervorbringen von Kunst. Kunst, Sexualität und Beispiel treten in eine so enge strukturelle wie diskursive Kopplung, dass ›Niedrigkeit‹ und ›Unscheinbarkeit‹, d.h. Marginalität alle drei geradezu kennzeichnet.