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Jens Soentgen: Dissipation
Dissipation
(S. 275 – 284)

Dissipation

Jens Soentgen

Dissipation

PDF, 10 Seiten

Ausgehend von einem Stoffbegriff, der an chemischen und nicht nur an mechanischen Erfahrungen orientiert ist, wird gezeigt, dass alle Stoffe eine gewisse Eigenaktivität haben. Sie weisen charakteristische Umwandlungsneigungen auf und reagieren zum Beispiel mit anderen Stoffen. Insbesondere weisen Stoffe die Neigung auf, sich über die Welt zu verteilen, sich mit anderen Stoffen zu mischen. Stoffe verdunsten, versickern, lösen sich auf; in der Thermodynamik wird dieses Verhalten als Dissipation bezeichnet. Die Dissipation von Dingen und Stoffen ist ein Kennzeichen der globalisierten Moderne. Sie ist nicht nur ökonomisch bedauerlich, weil kostbare Rohstoffe verlorengehen, sondern hat aufgrund der spezifischen Reaktivität der Stoffe auch massive gesundheitliche und ökologische Folgen.

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Jens Soentgen

studierte Chemie und Soziologie und promovierte in Philosophie mit einer Arbeit über den Stoffbegriff (1996). Nach verschiedenen Aufenthalten als Gastdozent für Philosophie in Brasilien, ist Soentgen seit 2002 Leiter des Wissenschaftszentrums Umwelt der Universität Augsburg. Er war zudem tätig als Ausstellungskurator von drei erfolgreichen Wanderausstellungen (zu Staub, CO2 und Stickstoff), als Autor populärwissenschaftlicher Bücher und als Mitherausgeber der Buchreihe Stoffgeschichten (im oekom Verlag, München), in der Studien zu gesellschaftlich relevanten Stoffen wie Aluminium, CO2, Seltene Erden. Soentgen Arbeitsschwerpunkte sind Stoffgeschichten, Wissenschaftsphilosophie, Rhetorik und Wissenschaftskommunikation.

Kijan Malte Espahangizi (Hg.), Barbara Orland (Hg.): Stoffe in Bewegung

Alles ist im Fluss – diese antike Weisheit feiert im durchglobalisierten Weltgeschehen fröhliche Urstände. Mobilität und Wandel sind die kategorischen Imperative der Zeit. Auch Stoffe bewegen sich rastlos über den Erdball, ebenso wie durch unsere Körper, werden fortlaufend umgestaltet und konstituieren so die materielle Welt, wie wir sie erleben. Ausgehend von diesem Befund wird eine Wissensgeschichte dieser materiellen Welt anvisiert, die nicht Strukturen, sondern stoffliche Überführungen und Umwandlungen – räumlich, zeitlich und substanziell – ins Zentrum rückt. Ohne der Versuchung zu erliegen, die Physikochemie mit ihrem elementaren Baukastenprinzip der Materie oder theoretische Figurationen aktueller Diskurse – Stoffkreislauf, Zirkulation, Stoffwechsel, Materialfluss – als historische Apriori zu setzen, entwickeln die Beiträge eine von Prozessen und Bewegungen ausgehende Natur- und Kulturgeschichte der materiellen Welt.

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