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Frank Hiddemann: Blutgenuss und Bilderfluten
Blutgenuss und Bilderfluten
(S. 85 – 96)

Protestantische Blutmotive von der Reformation bis in die Gegenwart

Frank Hiddemann

Blutgenuss und Bilderfluten
Protestantische Blutmotive von der Reformation bis in die Gegenwart

PDF, 12 Seiten

In der Rezeption des eucharistischen Estin Luthers durch Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf löst sich das Blut, von dem Luther sagte, dass es im Abendmahl buchstäblich genossen werde, aus seiner skandalösen Verankerung im protestantischen Sakrament und überschwemmt in satten Strömen die ganze pietistische Welt und deren Repräsentationen. Frank Hiddemann kontrastiert in seinem Beitrag die Zinzendorfschen Proliferationen des Blutes mit der radikalen Fremdheit des archaischen Opferrituals, wie es in Pier Paolo Pasolinis Medea in den Blick rückt. All diesen Repräsentationen des Blutes ist der Umstand gemeinsam, dass sie aufgrund ihrer Aufgehobenheit in einem metaphysischen Rahmen in der Lage sind, ganz oder teilweise zu inkarnieren, sei es, dass das Stigma des Märtyrer-Körpers als blutiges Symptom den letzten Grund der christlichen Malerei und das Phantasma ihres Ursprungs, ihr innerstes Begehren nach »Leben«, gleichsam verkörpert; sei es, dass die semiotisierte Linie des Blutstrahls dem Wahrheitsanspruch reformatorischer Lehre eine körperhafte Evidenz verleiht oder die lutherische Lesart der Eucharistie auf einer buchstäblichen Inkorporation von Leib und Blut Christi im Wort Estin und im Sakrament besteht.

  • Bildlichkeit
  • Christentum

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Deutsch

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Frank Hiddemann

ist Kommissarischer Direktor der Evangelischen Akademie Thüringen in Neudietendorf und leitet die Ressorts Medien, Kunst und Kultur.

Anja Lauper (Hg.): Transfusionen

Seit der frühen Neuzeit erfuhr die Rede vom Blut wiederholte Umcodierungen: transformiert sich das christliche Blut des Erlösers nach 1600 zum physiologischen Träger des Lebens, so markiert 1800 das historische Datum, an dem es vom sozialen Unterscheidungsmerkmal zum Objekt eines Wissens vom Leben avanciert. Im Dispositiv der Bio-Politik wird das Blut zum Lebenssaft des biologischen wie des politischen Körpers.

Der Diskurs des Blutes wird von den verschiedensten Medien produziert, in Umlauf gebracht und reguliert, oder aber er wird selbst zum Medium. Die Momente des Übergangs, die Transfusionen zwischen verschiedenen Wissenskreisläufen, zwischen Kunst und Literatur, Ökonomie und Lebenswissenschaften sind das Thema des vorliegenden Bandes.