Ich komme aus einem kleinen Ort an der Südwestküste Englands, aus einer Gegend namens Cornwall, wo ich von frühester Kindheit an mit der Umwelt, der Natur und mit natürlichen Materialien vertraut wurde. Wenn man jung ist, begreift man kaum, was man hat, bis man etwas anderes kennenlernt, mit dem es sich vergleichen lässt. So kann ich erst jetzt, nachdem ich Cornwall verlassen habe, in Newcastle studierte und in London lebe, verstehen, wie sehr mich meine Kindheit und meine Erziehung tatsächlich geprägt haben. Ich betreibe mein eigenes Studio in London und bin Designer, doch zugleich bin ich auch ein sogenannter »Maker«, und ein »Maker« zu sein ist ein ganz wesentlicher Teil meiner Praxis.
Das Projekt, mit dem ich 2006 am Royal College of Art in London abschloss, war unter anderem eine Reaktion auf all meine vorangegangenen Tätigkeiten, sowie auf die Stelle, die ich damals innehatte.
Nach meinem Studium in Newcastle und bevor ich ans Royal College ging, habe ich ein Jahr lang für ein Innenarchitektur-Büro gearbeitet. Dort hatte ich immer das Gefühl, meine Hände seien mir gebunden und ich müsste mir etwas einfallen lassen, nachdenken und Arbeiten entwerfen, ohne tatsächlich etwas zu produzieren. Das fiel mir sehr schwer, denn um schlüssige Ideen zu entwickeln, muss ich mir regelrecht die Hände schmutzig machen. Ich muss mich sozusagen in die Materialien hineinknien, mit denen ich arbeite. Als Abschlussarbeit entwickelte ich daher eine Reihe von »Sitzübungen«. Der Begriff des Sitzens spielte dabei keine große Rolle, sondern diente mir lediglich als Thema und ermöglichte es mir, mich auf meine Bestrebungen zu konzentrieren. Doch das Ergebnis war tatsächlich eine Reihe von Möbeln, auf denen man sitzen konnte. Bei jeder neuen Übung habe ich ganz buchstäblich meine Hände in die Materialien gesteckt und beobachtet, was dabei geschah. Einige Projekte begannen gewissermaßen mit einem einzelnen Material, bei anderen begann ich mit einem Verfahren und dachte nur über dieses Verfahren nach und die Materialien, die ich dabei einsetzen könnte. Und in wieder anderen Fällen handelte es sich um eine Kombination von beidem.
Mit dem Poly Chair etwa versuchte ich, industriell hergestellte Möbel, sprich die Idee der Serienproduktion zu hinterfragen. Ich wollte selbst der Hersteller von Serienprodukten sein. Ich beschloss, mit aufgeschäumtem Polystyrol zu arbeiten, dass sich besonders leicht formen und manipulieren lässt. Das ist zugegebenermaßen ein ziemlich abscheuliches Material, aber es macht Spaß, mit ihm zu arbeiten, und man kann mit ihm sehr rasch Ideen realisieren. Für die Herstellung steckte ich mir einen sehr engen Zeitrahmen, innerhalb von 20 bis 25 Minuten meißelte ich einen Sessel aus dem Material, ließ ihn mit Gummi überziehen, und fertig war das gute Stück. Das Gummi, das ich bei diesem Prozess verwendete, trocknet in drei Sekunden; man benötigt also nur 25 Minuten für das In-Form-Meißeln und fünf bis zehn für das Beschichten, und das war’s. Auf diese Weise käme ich an einem achtstündigen Arbeitstag auf 16 Stühle.
In meiner Arbeit geht es weniger darum, die Beschränkungen eines Materials zu verstehen, sondern darum, was das Material kann. Denn bei all den Werkstoffen und Verfahren, mit denen ich gearbeitet habe, wurde mir klar, dass man die Schönheit dieser Verfahren erst im Verhältnis zu den anderen, die es gibt, würdigen kann. Und bei jedem einzelnen Material gibt es verschiedene Möglichkeiten, es zu verarbeiten und mit ihm zu arbeiten. Auch wenn ich bei meinen »Sitzübungen« nur wenige ausgewählte Verfahren und Werkstoffe untersuchen konnte, habe ich durch diese Erfahrung doch viel gelernt.
Das letzte Projekt aus der Reihe der »Sitzübungen« war der Pewter Stool , das ich ein wenig näher erläutern möchte. Uns stand im College keine Gießerei zur Verfügung, und wenn man nicht bereits stranggepressten Stahl, also Halbzeug, nehmen, zerschneiden und schweißen will, ist es sehr schwierig, etwas auf anderem Wege aus Metall herzustellen. Ich verabschiedete mich also von der College-Werkstatt und besuchte eine Gießerei, in der Aluminium gegossen wurde. Nachdem ich dort ein paar Sachen gemacht hatte, stellte ich sehr rasch fest, dass sich die Art, wie ich das Material erkunden wollte, innerhalb der Gießerei mit ihren Einschränkungen nicht realisieren ließ. Dort herrschen zu viele Regeln und vorgefasste Meinungen, die mich daran hinderten, das zu machen, was ich machen wollte. Und nicht nur das: Die Herstellung in Gießereien ist sehr ineffizient, d.h. man wendet erhebliche Energiemengen auf, um das Metall so zum Schmelzen zu bringen, dass es sich gut verarbeiten lässt, vor allem wenn man kleinere Komponenten gießt, um mehrere Einzelteile herzustellen.
Ich hingegen wollte nur eine Sache produzieren, ohne einen Prototypen oder eine Gussform anzufertigen. Ich wollte das Gussverfahren erkunden, ohne vorher am Computer etwas entwerfen oder ein Muster oder eine Gussform machen zu müssen, die genau festlegt, wie diese Form oder dieses Endprodukt auszusehen hat. Obgleich ich durch diese Erfahrung in der Gießerei die Technik des
Sandgusses erlernt hatte, war es für mich wirklich wichtig, die Gießerei zu verlassen. Ich wusste jetzt, dass ich Sand, Metall und Feuer benötigte, und wählte daher den Strand. Nicht irgendeinen Strand, sondern den in jener Gegend, in der ich aufgewachsen war, den Caerhays Beach. Hier also waren mein Sand und meine Gießerei. Das Rohmaterial, für das ich mich entschied, war Hartzinn, eine Legierung aus Kupfer, Antimon und 92% Zinn.
Cornwall ist berühmt für seine Tradition des Zinnabbaus. Eine Zinnmine, die meines Wissens zwanzig Jahre lang geschlossen war, wird gerade wiedereröffnet. Obwohl das Zinn, das ich verwendete, nicht aus Cornwall stammt, war dies die romantische Vorstellung dahinter. Die praktische Seite war, dass Zinn einen niedrigen Schmelzpunkt hat, und das war ziemlich wichtig für mich, da ich eigentlich am Strand kein Feuer machen durfte. Ich musste mich auf einen Campingkocher und den Kochtopf meiner Mutter aus Edelstahl beschränken. Der Schmelzpunkt von Hartzinn liegt bei 265°C, und da ich vorher noch nie mit geschmolzenem Metall gearbeitet hatte, hielt ich dies für einen guten Ausgangspunkt.
Zunächst musste ich etwas über das Material und den Prozess erfahren, über sein Potenzial und seine Grenzen, aber auch über mein eigenes Unvermögen etwas herzustellen, und sei es, erst einmal eine exakte Gussform im Sand herauszuarbeiten. Ich habe verschiedene Dinge abgegossen, etwa das Haus einer Napfschnecke oder verschiedene Teelöffel, indem ich sie einfach in den nassen Sand drückte.
Dann habe ich begonnen, mich an größere Sachen zu wagen. Mein erster Versuch, eine dieser Sitzgelegenheiten als Teil meiner »Sitzübungen« zu schaffen, war noch sehr stark von meiner Auslegung geprägt, wie sich das Material verhalten würde und wie ich mit dem Sand arbeiten könnte. Das war ein ziemlich naiver Ansatz. Offensichtlich hatte ich in der Gießerei nicht sehr gut aufgepasst. Ich dachte, es genüge, eine positive Gussform mit einem Helixmuster anzulegen, und das geschmolzene Hartzinn würde durch die Vertiefungen des Musters fließen und so die gewünschte Form entstehen. Das war natürlich nicht der Fall, das flüssige Material floss einfach direkt herunter und ich musste von Neuem beginnen.
Ich fing also wieder von vorne an und begriff, dass ich ein Behältnis machen musste, um das heiße flüssige Hartzinn zu kontrollieren. An meinem dritten Tag am Strand begann ich, die Gussform direkt aus dem Sand auszuheben, und goss das geschmolzene Hartzinn in diese Form hinein. Flüssiges Hartzinn verhält sich dabei völlig anders als Wasser oder irgendeine andere Flüssigkeit in einem Kochtopf. Während man weiß, wie sich ein Topf anfasst, wenn er mit einer herkömmlichen heißen Flüssigkeit gefüllt ist, ist das bei geschmolzenem Hartzinn, das etwas dichter ist als Wasser, anders. Ich goss schließlich 5,5 Kilo Hartzinn pro Topf. Es handelte sich also um einen ziemlich instabilen Vorgang, aber das ist eine dieser Sachen, über die man nicht nachdenkt, wenn man beginnt, mit einem Material zu arbeiten, mit dem man noch nie zuvor gearbeitet hat. Geschmolzenes Metall unterscheidet sich sehr deutlich von Metall im festen Aggregatzustand. Das mag auf der Hand liegen, doch für mich sid diese Erfahrungen für die Entwicklung meiner Arbeit von entscheidender Bedeutung.
Nach dem Gussvorgang musste ich lediglich 15 bis 20 Minuten warten, bis die Form abgekühlt war, und dann konnte ich buchstäblich den Sand abtragen und den Hocker ausgraben. Um Tim Ingold zu zitieren: so, als sei ich ein Maulwurf mit einer philosophischen Neigung, der einen Hocker aus einem Materialblock (kulturell) er oder ausgraben würde. Auf der Sitzfläche, die der Luft ausgesetzt war, ergibt sich eine ganz ebenmäßige Oberfläche, die sich leicht polieren lässt. Die Unterseite hingegen, die mit dem Sand in Berührung gekommen ist, nimmt dessen »Fingerabdruck« an, was ich von dem Sandgussverfahren in der Gießerei her kannte. Allerdings erhält man mit dem Sand am Strand eine wesentlich markantere und stärker hervortretende Textur. Das war also das letzte Projekt meiner »Sitzübungen« und so kam mein Masterprogramm zum Abschluss; damit hatte ich für mich herausgefunden, was es braucht, um ein Designer zu sein und gute Entwürfe zu machen, oder jedenfalls das, was ich für gute Entwürfe hielt. Für mich läuft alles auf das Material hinaus, auf eine ganz genaue Kenntnis der Materialien, mit denen gearbeitet werden soll. Wie kann man als Designer ein schlüssiges, vernünftiges, funktionales, herstellbares, verkäufliches Produkt entwerfen, wenn man das Material nicht versteht, aus dem es gemacht werden soll? – Und natürlich den Herstellungsprozess.
Einige Jahre später, 2010, wurde ich eingeladen, mit einem Urushi-Lackmeister in Japan zusammenzuarbeiten. Für mich war die Vorstellung höchst ungewöhnlich, ein Objekt zu machen, das anschließend von jemand anderem mit einem weiteren Material und damit einer anderen Oberfläche überzogen würde. Während meiner Recherchen zum Urushi-Lack kam es mir immer seltsam vor, dass man nie wirklich wusste, welches Material sich unter der Lackschicht verbarg. Stets war das Ergebnis rot oder schwarz, und immer glänzend. Wenn man ein Japaner ist oder sehr sensibel, kann man vielleicht spüren, dass es aus Holz besteht. Doch für das ungeübte westliche Auge könnte es sich auch wie Plastik anfühlen. Für mich gab es deshalb ein fehlendes Glied in der Kette. Da ich mit Urushi-Lack arbeiten würde, gelangte ich zu dem Schluss, dass das Holz die wichtigste Rolle spielt, da es dem Ganzen die Form verleiht, und daher entschied ich mich für dieses Material. Nicht für irgendein Holz, sondern für Holz in seiner ganzen Pracht.
Mein Ausgangspunkt war ein großes Stück Kastanie aus dem Park in meiner Nachbarschaft, das normalerweise vermodert wäre, sodass ich es mitnehmen durfte. Beim Arbeiten mit Holz verzichte ich auf den Einsatz von Maschinen und Sägen, denn beim Zersägen des
Holzes wird auch sein Wesen zerschnitten. Mit Grünholztechniken wie dem Spalten hingegen teilt sich das Holz und verändert seine Gestalt dort, wo es möchte und wie es umgeformt werden will. So erhält man Holz, das noch wie Holz aussieht und auch die Form und haptische Anmutung von Holz hat.
Aus dem gespaltenen Holz entstand ein Hocker mit drei Beinen (Urushi Lacquer Stool, ). Nachdem ich fertig war, schickte ich ihn nach Japan, nach Wajima, eine kleine, für ihre Lackarbeiten bekannte Provinz im Westen Japans, zu dem Urushi-Meister. Der Lack wird wie Farbe auf die Holzoberfläche aufgetragen, eine Schicht benötigt etwa einen Monat, um zu trocknen, und das Objekt hat etwa vier Lackschichten. Es handelt sich also um einen viermonatigen Prozess, bei dem das Holz mit flüssigem Harz überzogen wird.
Der Überzug wird mit der Zeit hart, und das Ergebnis ist ein schwarzer Holzhocker. Am wichtigsten ist für mich, dass der Hocker die Anmutung von Holz behält, nur dass er eine andere Farbe hat. Doch die komplette Signatur des Holzes ist noch da, die Signatur des Materials.
Ein anderes Verfahren, die Oberfläche eines Materials – in diesem Fall Aluminium – zu behandeln, ist das Eloxieren. Beim Anodised Table for Deadgood (2009, ) wird das Eloxieren selbst zum Material. Das Aluminium erfüllt zwar auch so seinen Zweck, doch um ihm gewissermaßen den letzten Schliff zu geben und zu verhindern, dass es oxidiert und seine Form oder Farbe verändert, wird es eloxiert. Mit diesem Verfahren werden in der Regel kleine Komponenten in mehrfach aufeinanderfolgenden Durchgängen veredelt, wodurch sie eine sehr hohe Oberflächengüte erhalten. Es lässt Oberflächen auf magische Weise vollkommen aussehen und verleiht ihnen fast eine plastikartige Beschaffenheit. Der einzige Unterschied zwischen diesem Material und Plastik ist, dass es weiterhin wie Metall aussieht. Auch das ist für Eloxieren typisch: Das Metall wird dabei mit einer Art durchsichtigem Film überzogen. Da es kein reflektierender oder glänzender Überzug ist, sondern eine transparente Schicht, die man färben kann oder auch nicht, bleibt das Metall darunter weiterhin sichtbar.
Doch obwohl die Technik in ihrer offenbaren Perfektion industrialisiert zu sein scheint, wird sie größtenteils manuell durchgeführt. Dabei taucht man die Aluminiumkomponenten noch von Hand in die Behälter mit der Eloxierlösung und der Farbe. Mit Hilfe dieses Verfahrens wollte ich einen Entwurf schaffen, der sich seriell produzieren lässt und den man eher in Geschäften als in Galerien findet. Zugleich sollte das Objekt gewissermaßen die Handschrift des Prozesses aufweisen. Man sollte sehen, dass es von Hand eingetaucht wird und nicht perfekt sein muss. Auch wenn es dieselbe Person ist, die meinen Tisch eintaucht, und seine Komponenten jedes Mal perfekt aussehen, gibt es hinsichtlich der Art und Weise, wie ich die Person bitte, das jeweilige Objekt einzutauchen, einen feinen Unterschied, nämlich denjenigen langsam einzutauchen. Ich habe einen schlichten dreiteiligen Tisch entworfen. Er ist bewusst einfach, da es nicht primär um die Funktion des Tisches geht und auch nicht um das Aluminium, obwohl es sich offenkundig um einen Tisch aus Aluminium handelt. Alle Bestandteile des Tisches wurden einzeln eingetaucht. Statt für eine bestimmte festgelegte Zeitdauer wurden sie ganz langsam in die Farbe eingetaucht und ebenso langsam wieder herausgezogen. Auf diese Weise ergeben sich sanfte Übergänge innerhalb des Farbtons. Der Abschnitt des Metalls, der als erstes in die Farbe getaucht wird und sie als letztes wieder verlässt, weist einen ersichtlich dunkleren Farbton auf. Und beim Herabrinnen der Farbe entstehen Tropfen; auch die Zeit spielt also eine Rolle dabei, diese Wirkung auf der Oberfläche zu erzielen. Für mich ist es wichtig zu vermitteln, dass die Tische tatsächlich in einer Fabrik in die Flüssigkeit getaucht und eloxiert werden, worin sie sich nicht von einer Fahrradnabe oder dem Gehäuse eines Laptops unterscheiden. Worin der Tisch sich jedoch von anderen Objekten unterscheidet, ist, dass sein Herstellungsprozess in Teilen sichtbar ist. Anschließend werden die Aluminiumteile dann einfach zusammengefügt und mit Hilfe von vier Bolzen verbunden.
Schließlich und im Gegensatz zu diesem Projekt, habe ich in den letzten Jahren seit 2007 ziemlich viel mit Stein gearbeitet. Meine allererste Arbeit aus Stein war der Ladycross Sandstone Chair (2007, ) der nach dem Steinbruch Ladycross in Northumberland benannt ist. Ich war an den Ort zurückkehrt, wo ich an der Universität mein Bachelorstudium absolviert hatte, und fand diesen Steinbruch, der Teil eines Naturschutzgebietes ist. Steinbrüche gibt es dort seit 300 Jahren, und sehr vieles wird nach wie vor von Hand gemacht. Es ist ein Sandsteinbruch, und der Sandstein wird Schicht um Schicht vom Boden abgespalten, so wie diese Schichten sich vor Millionen von Jahren dort abgelagert haben.
Ich wollte mit Stein aufgrund seiner Materialität arbeiten, da er eine solche Präsenz besitzt. Er ist fest, er ist dauerhaft, er hat einen unglaublichen Charakter, der sich nicht wirklich kontrollieren lässt, sondern uns von der Natur über viele Millionen Jahre hinweg diktiert worden ist. Die Art, wie ich mit Stein arbeite, unterscheidet sich davon, wie wir Stein verstehen oder wie wir Stein heute in der Stadtlandschaft sehen, in der aus Stein errichteten Architektur, den Gehwegen aus Stein, den Böden und Mauern aus Stein – dieser geschnittenen, häufig polierten oder geschliffenen Oberfläche, diesem absolut rechtwinkligen unorganischen Objekt. Ich wollte mit Stein arbeiten um des Arbeitens mit Stein willen oder sogar um des Steins selbst willen.
Tatsächlich benötigte ich einige Tage, um den Steinbruch zu erkunden und einen Steinblock zu entdecken, der in seinem natürlichen Zustand unbearbeitet war, aber in meinen Augen schon wie ein Stuhl aussah. Um ihm eine gewisse Form zu geben oder seine Funktion anzudeuten, wollte ich so wenig wie möglich damit machen müssen. Ich hatte nie zuvor mit Stein gearbeitet, nahm einfach Hammer und Meißel und entfernte so wenig Material wie möglich, gerade so, dass man in einem Designkontext auf ihm sitzen konnte. Natürlich könnte man einwenden, dass man bereits auf diesem Stein sitzen konnte, bevor ich etwas damit gemacht hatte, oder dass man sich auf den Boden setzen kann, wenn man will. Man muss dieses Ding nicht haben,
das so fabriziert oder transformiert wurde, dass es eine perfekte Sitzfläche und eine Rückenlehne bietet. Für mich bestand die Arbeit an dem Stein vor allem darin, dass ich an seinem Sockel etwa 20 Zentimeter entfernte, sodass er unten flach ist und aufrecht steht. Und deshalb sieht er wie ein Stuhl aus, ohne die Tatsache zu verleugnen, dass er trotzdem nur ein Stein ist. Wenn jemand zu mir sagt »Er sieht einfach wie ein Fels aus«, dann ist das genau das, worum es mir geht.
hinterfragt auf unkonventionelle Weise die herkömmlichen Auffassungen von Wertstoffen und ihrer Verarbeitung. Der britische Produktdesigner studierte an der Northumbria University und dem Royal College of Art in London, wo er ein Designstudio betreibt. Er produzierte Möbel und Objekte für Labels wie Deadgood und Makers and Brothers und stellte in der Designgalerie Libby Sellers (London) und der Johnson Trading Gallery (New York) aus. Seit 2012 lehrt er am Lehrstuhl Design Products des Royal College of Art.
Kerstin Stakemeier (Hg.), Susanne Witzgall (Hg.)
Macht des Materials – Politik der Materialität
Broschur, 256 Seiten
Vergriffen
PDF, 256 Seiten
Seit einigen Jahren lässt sich in den Künsten und den Wissenschaften eine zunehmende Neufokussierung auf materielle Phänomene beobachten. Unterschiedlichste Disziplinen heben die Eigendynamik und Wirkungsmacht von Materie, Material und Dingen hervor und betonen deren Status als Akteure in den Beziehungsgeflechten von Kultur und Natur. Das Buch »Macht des Materials – Politik der Materialität« vertieft diesen aktuellen Diskurs und setzt materialistische Tendenzen in Kunst, Design und Architektur erstmals in direkten Dialog mit verschiedenen geistes- und sozialwissenschaftlichen Ansätzen eines »Neuen Materialismus«. Die vorliegende Publikation ist Ergebnis des ersten Jahresprogramms des neu gegründeten cx centrum für interdisziplinäre studien an der Akademie der Bildenden Künste München.