Bereits wenige Monate nach Beginn der russischen Invasion der Ukraine wurde dieser Krieg als der meistdokumentierte bezeichnet: Digitale Bilder, Stand- und Bewegtbilder, Aufnahmen, die von Menschen gemacht wurden, und Bilder nicht-menschlicher Akteure, wie Drohnen, Satelliten, Überwachungskameras, bilden ein unübersichtliches Konvolut, das täglich anwächst. Der Krieg gegen die Ukraine ist die Blaupause dessen, was derzeit mit digitalen Bildern möglich ist: Kollektives Sammeln von Bildern wird als Open Source Intelligence zum Beweis von Kriegsverbrechen genutzt, automatisierte Gesichtserkennung zur Identifikation Lebender und Toter eingesetzt. Journalistische Redaktionen stehen vor schwierigen Entscheidungen, was sie zeigen sollen und was nicht.
Entlang konkreter Beispiele vermisst Evelyn Runge die von diesem Bildregime neu geschaffenen ›Grauen Zonen‹. Vor welchen Herausforderungen steht die aufgeklärte Öffentlichkeit, wie kann den dringlichen Fragen nach medialer Augenzeug:innenschaft begegnet werden, wie könnte eine Ethik im Umgang mit Bildern heute aussehen?
Ein sowohl medienwissenschaftlich wie journalistisch exzellent informierter Essay, dessen genaue Beobachtungen und kritische Analysen ein noch unbekanntes Terrain zu konturieren helfen.