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Das persische Drehbuch des Protests

Slavs and Tatars

Reverse Joy

Übersetzt von Philipp Albers

Veröffentlicht am 09.04.2018

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Reverse Joy nimmt die Funktion des Mystizismus in der unaufhörlichen Protestbewegung im Herzen des schiitischen Glaubens für seine radikale Neubetrachtung von Geschichte und Gerechtigkeit in den Blick. Sich unter vollem Einsatz von Körper und Geist in die Geschehnisse zu stürzen, die sich vor dreizehn Jahrhunderten ereigneten; der Zusammenbruch traditioneller Auffassungen von Zeit; die Verkehrung der Rollen von Männern und Frauen; und Freude durch Trauer – das sind nur einige der Themen, die dieser Essay berührt. Dabei erfordert jedes dieser Themen ein ebenso elastisches wie robustes Verständnis des Heiligen und des Profanen, das den hitzigen politischen Debatten unserer Tage oftmals schmerzlich abgeht.

Der Begriff der „Triangulation“, der durch einige Jahrzehnte eines falschen neoliberalen Pathos ramponiert und geschunden worden ist, bedarf dringend einer Entgiftungskur, einer Art etymologischen Einlaufs. Seine trigonometrische Definition liefert uns „ein Verfahren, um die relativen Positionen von über ein Gelände verteilten Punkten ausgehend von bekannten Punkten an den beiden Enden einer festgelegten Basislinie zu ermitteln, statt die Entfernungen zu den Punkten direkt zu messen.“

Wir nennen dies eine Fähigkeit zur Substitution. In dieser Umschreibung steckt eine gewisse Dreistigkeit: Warum direkt seine Beute machen, wenn man sie umkreisen, aufreizen und aus ihrer strikten Semantik herausfoppen kann?

In den Sozialwissenschaften verwenden Forscher die Triangulation als eine Methodologie: eine Gegenprüfung verschiedener Ansätze, die ein wenig dem ähnelt, was Amerikaner das „Schrotflintenprinzip“ nennen, zumindest wenn besagte Schrotflinten aufeinander gerichtet würden. Solch ein kontraintuitiver Zugang – etwas anderes in den Blick nehmen, um es als ein Prisma auf den gewählten Forschungsgegenstand zu richten, eine andere Richtung einschlagen, die zunächst irrelevant erscheint, anstatt direkt auf sein Ziel zuzusteuern – ist zu einer Art modus operandi für Slavs and Tatars geworden, ganz zu schweigen von den Talyschen, Bulgaren, Karakalpaken und Kurden, um nur einige zu nennen. Wir wenden uns also dem schiitischen Ritual des Muharram nicht unbedingt deshalb zu, um den Islam oder den Nahen und Mittleren Osten als solchen besser zu verstehen, sondern eher um unsere eigenen Auffassungen von Moderne, Geschichte und Zeit besser zu begreifen. Reverse Joy untersucht die komplexe Konstellation des Muharram, der im Verlauf von dreizehn Jahrhunderten eine nahezu kosmische Bedeutung erlangt hat, jenseits regionaler Rivalitäten und möglicherweise sogar jenseits des Glaubens selbst, um Ideen von Identität, Mystizismus, Protest und Widerstand in der Welt als Ganzer zu beeinflussen.


Man kann sagen, während der gregorianische Kalender das Neue Jahr mit lautem Knallen und Krachen begrüßt, entscheidet sich der islamische häufig für...

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Slavs and Tatars

ist ein Künstlerkollektiv, das sich in seinem Arbeiten mit einem Gebiet östlich der ehemaligen Berliner Mauer und westlich der Chinesischen Mauer widmet. Diese wurden in Einzelausstellungen in Museen auf der ganzen Welt präsentiert, u.a. im MoMA in New York, Wiener Secession, SALT Istanbul und Kunsthalle Zürich. Slavs and Tatars haben bislang acht Bücher veröffentlicht, darunter eine Übersetzung der legendären Satirezeitschrift Molla Nasreddin (derzeit in der 2. Auflage bei I.B. Tauris).
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