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Josh Shepperd: Medien miss-verstehen
Medien miss-verstehen
(S. 25 – 43)

Josh Shepperd

Medien miss-verstehen
Marshall McLuhan und die National Association of Educational Broadcasters, 1958–1960

PDF, 19 Seiten

In den späten 1950er Jahren arbeitete Marshall McLuhan im Auftrag der National Association of Educational Broadcasters an einem Forschungsprojekt, das die Konsequenzen der ›neuen Medien‹ für Bildung und Erziehung untersuchen sollte. Während McLuhan dabei an eine Tradition aus den 1920 und 30er Jahren anschloss, die darauf zielte, die spezifischen Potential unterschiedlicher Medien im Allgemeinen zu definieren, forderten seine Auftraggeber zunehmend empirisch nachprüfbare und im Schulalltag anwendbare Resultate. Der Artikel rekonstruiert diesen Konflikt und zeigt wie sich in der Auseinandersetzung mit Fragen des pädagogischen Einsatzes von Radio und Fernsehen die ersten Konturen von McLuhans Medientheorie herausbilden.

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Josh Shepperd

promovierte innerhalb der Abteilung Media and Cultural Studies der Universität Wisconsin-Madison. Seine Dissertation untersucht die theoretischen Konzepte, politischen Kontexte, Programmstrategien und sozialen Gruppierungen, die zwischen 1921 und 1967 die Transformationdes Bildungsradios in nationale, quasi öffentlichrechtliche Medien in den USA strukturierten. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Rundfunkgeschichte und Medientheorie.

Gesellschaft für Medienwissenschaft (Hg.): Zeitschrift für Medienwissenschaft 5

Die neuzeitliche Wissenschaft steht im Zeichen der Empirie. Als wissenschaftlich gilt vorzugweise, was Ergebnis von Experiment und Beobachtung ist und sich in mathematischen Größen ausdrücken lässt. Wer, wie in der Regel die Geisteswissenschaften, Theoriebildung nicht an Experimente mit serendipem Ausgang knüpft, gerät entsprechend unter Legitimationsdruck. Die Philosophie reagiert auf diesen Druck beispielsweise, indem sie vielerorts ihre alten Fragen zur Entscheidung an die Neurowissenschaft delegiert.

Die Medienwissenschaft nimmt hier eine in mehrfacher Hinsicht besondere Position ein: Zum einen sind Entstehung und Erfolg der naturwissenschaftlichen Empirie eng an mediale Möglichkeitsbedingungen gebunden. Zum anderen aber erhält die Entstehung der Disziplin oder des Feldes Medienwissenschaft selbst durch eine doppelte Abgrenzung Plausibilität: gegen eine materialitätsvergessene und damit ›zu wenig empirische‹ Geisteswissenschaft ebenso wie gegen eine ›bloß empirische‹ Kommunikationswissenschaft, die an den medialen Voraussetzungen von Kommunikation nicht interessiert ist. Darüber hinaus sind Radio, Film und Fernsehen historisch gesehen ohne das Steuerungswissen von Publikums- und Wirkungsforschung kaum denkbar – wobei nicht zuletzt die Netzwerkeffekte im Web 2.0, die weder prognostizierbar noch retrospektiv modellierbar sind, diesen etablierten Zusammenhang von Massenmedien und sozialwissenschaftlicher Empirie unterlaufen.

Gerade in einer Phase der dynamischen Entwicklung des Faches verdient aus medienwissenschaftlicher Perspektive noch einmal neu gedacht zu werden, was Empirie ist. Zunächst reklamieren unterschiedliche Ansätze der Medienwissenschaft starke, wenn auch spezifische Bezüge zu einer ›klassischen‹ Empirie – man denke an die Rückführung anthropologischer Theoriefiktionen auf technische Apriori oder die Nutzbarmachung der naturwissenschaftlichen Empirie von Neurobiologie und Kognitionspsychologie in medienästhetischen Zusammenhängen. Aber auch zwischen solchen Randpunkten zeichnen sich dynamische methodologische Diskussionen ab: In der New Film History und der Medienarchäologie wird mit akribischen Archivrecherchen und Modellen aus der Ökonomie und Wissenschaftsforschung gearbeitet; die Cultural Studies verfeinern weiterhin ethnographische und diskursanalytische Ansätze zur Analyse kultureller Praktiken und berühren sich dabei mitunter mit Ansätzen wie der Actor-Network-Theory und Theoriemodellen aus der Soziologie.

Der Themenschwerpunkt »Empirie« der Zeitschrift für Medienwissenschaft nimmt diese Spannungsfelder zum Ausgangspunkt, um das Konzept der Empirie historisch, theoretisch und wissenschaftspolitisch neu zu perspektivieren.

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