Heinrich Wölfflin gehört unbestritten zu den zentralen Figuren der Wissenschaftsgeschichte der Kunstgeschichte. Sein Hauptwerk, »Kunstgeschichtliche Grundbegriffe« (1915), zählt zu den Gründungsdokumenten des Faches. Der Autor selbst blickte eher skeptisch auf sein Werk und revidierte in späteren Jahren zahlreiche seiner Thesen. Doch woher diese Wende? Dieses Buch argumentiert, dass sie eine unmittelbare Konsequenz aus den Forderungen war, die Wölfflin seit den »Grundbegriffen« an die eigene Bildbetrachtung stellte. Im Zentrum des Interesses steht dabei seine Beschreibung des (vornehmlich italienischen Renaissance-)Bildes als »Körperlichkeit«, die ihm im idealistischen Sinne auch Maßstab zur Kultivierung der eigenen Persönlichkeit war: Durch die Betrachtung von ›körperlichen‹ Bildern hoffte er, seinen eigenen Körper bildhaft werden zu lassen. Dieser unerfüllbare Anspruch an die eigene Wahrnehmung resultierte letztlich in der Erfahrung einer unüberwindbaren Fremdheit des Bildes, das ihm ein unverständliches, leibhaftiges Gegenüber wurde.